MACHT MAKROBIOTIK SATT ODER SONST WAS?
Als Ernährungsberater für mich selbst, beschäftige ich mich ausschließlich mit der makrobiotischen Lebensweise. Ich beziehe mich vorwiegend auf Lima Ohsawa und Georges Ohsawa, sowie in einigen Vorgehensweisen auf Christoph Wilhelm Hufeland.
Wenn wir das Wort Makrobiotik hören, verbinden wir damit meist eine alternative und vegetarische Ernährungsform. Es ist wenig bekannt, das der Begriff Makrobiotik schon vor Jahrhunderten verwendet wurde und zunächst eine Lebensform beschreibt. Das Wort Makrobiotik taucht erstmals auf in den Schriften des Hippokrates, es stammt demzufolge aus dem Griechischen und bedeutet „großes Leben“ (makros = groß, bios == Leben). Hippokrates und andere Autoren der Antike bezeichneten mit dem Begriff Makrobiotik einen bestimmten Lebensstil, der auf der Grundlage einer sehr einfachen Lebensführung und eben auch einfachen Ernährung beruhte und Gesundheit und Langlebigkeit versprach.
In Deutschland wurde der Begriff durch den Arzt und Philosoph Christoph W. Hufeland (1762-1836) bekannt. Sein damals vielbeachtetes Buch über Ernährung und Gesundheit, trägt den Titel „Makrobiotik oder die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern“. Hufeland, der Goethe, Friedrich Wilhelm III. und Schiller zu seinen Patienten zählte, ging es nicht nur um Ernährung, sondern um praktische Ratschläge für eine gesunde Lebensführung.
Nahezu ein Jahrhundert später erfuhr der Begriff Makrobiotik eine weitere Renaissance – dieses Mal in Japan. Zwei Japaner, Sagen Ishitsuka und Yukikazu Sakurazawa heilten sich mit einer Diät aus braunem Reis, Misosuppe, Algen und anderen traditionellen Nahrungsmitteln von schweren Krankheiten. Diese beiden Lehrer verbrachten viele Jahre damit, die östlichen Heilweisen und Philosophien zu studieren und mit jüdisch-christlichem Gedankengut und holistischen Ansätzen der modernen westlichen Wissenschaft und Medizin zu verbinden.
Sakurazawa kam 1920 nach Paris und nannte sich dort George Ohsawa ((Oh)Ça va = (Oh)wie geht es? Augenzwinkernd aus dem französischen entlehnt???) und wandte den Begriff Makrobiotik auf seine Lehren an. Zusammen mit seiner Frau Lima widmete sich Ohsawa fortan der Augabe, die Anwendbarkeit der Makrobiotik zu demonstrieren. Er setzte sich stark für die Verbreitung von Informationen über diesen Lebensstil ein, besuchte mehr als dreißig Länder, hielt über siebentausend Vorträge und soll über dreihundert Bücher verfasst haben. Sein Buch „Zen Makrobiotik“ macht deutlich, daß es Ohsawa um eine „biologische und physiologische Nutzanwendung der östlichen Philosophie und Medizin“ ging.
Nach Ohsawas Tod im Jahr 1966 setzte der Japaner Michio Kushi die Lehre fort. Er modifizierte die bisherige Makrobiotik nach Ohsawa und paßte sie weitgehend westlichen Gepflogenheiten an.
YIN und YANG
Die fernöstliche Lebensweise ist einer völlig anderen jahrtausendealten Kultur und anderem Denken verhaftet als die abendländische. Zen-Makrobiotik beinhaltet philosophische Lebensziele, die rechtes Wollen, Reden und Tun anstrebt, eine Übereinstimmung im Denken und Handeln, geprägt von einem hohen Maß an Selbstdisziplin. So beruft Ohsawa sich u. a. auch auf Lao Tse, Konfuzius und Buddha.
Grundlage der makrobiotischen Lebensweise nach Ohsawa ist das in der chinesischen Philosophie verwurzelte Prinzip von Yin und Yang, das alles Existierende als gegensätzliche, aber auch als sich ergänzende harmonisierende Kräfte definiert. Beispielpaare sind:
- Zentrifugalkraft und Zentripedalkraft oder
- Ausdehnung und Zusammenziehung oder
- Zeit und Raum oder
- Tag und Nacht
- warm und kalt
- männlich und weiblich
um nur einige dieser sich ergänzenden und scheinbar gegensätzlichen Paare zu nennen.
Das Zusammenwirken dieser beiden Tendenzen erzeugt alle Kräfte, die im Universum herrschen. Diese beiden Kräfte wirken immer. Im Kleinstem wie im Größtem. Sie wirken auf alles und alles ist diesen beiden Kräften unterworfen.
Diese beiden Kräfte Yin und Yang überträgt die Makrobiotik auch auf die Ernährung - d.h. beide Energien sollen in der Ernährung gleichmäßig und ausgeglichen vorhanden sein. Die Makrobiotik lehrt, dass die Ernährung ein wichtiger Faktor ist, um den Menschen im Gleichgewicht mit dem Energiefluss zu halten. Und dass man über die Ernährung den Energiefluss im eigenen Körper sehr bewußt steuern kann. Ich persönlich halte es für zweifelhaft, das wir Menschen mit einem westlichen Standpunkt Yin und Yang begreifen können. Aber wir können die disziplinierte Vorstellung dieser Energie begreifen.
Wie erkennt man nun das Yin und Yang in den Lebensmitteln? Es gibt dazu die berühmte Tabelle von Oshawa, bei der alle Lebensmittel nach den beiden Prinzipien Yin und Yang eingeordnet werden. Und wie schon gesagt, verständlich und aus der Sicht unserer westlichen Ernährungswissenschaft ist das nicht.
Zumindest die physiologischen, biochemischen und allergologischen Zusammenhänge der Ernährung sollten bekannt sein. Auch die Ernährungsrichtlinien der DGE gehören zum Handwerkszeug eines westlichen Makrobioten. Und wer jetzt einen beratungsresistenten Selbstversuch wagen will, sollte vollkommen gesund sein. Krankheiten heilen kann die Makrobiotik nicht, aber sie kann zu einer völlig anderen Lebenshaltung führen. Damit ist schon ein erster Schritt in Richtung einer eventuellen Heilung getan, alles andere wäre schlichte Selbsttäuschung. Seltsamerweise kann ein Betrug, oder vermeintlich Unbeweisbares auch zu einer Heilung beitragen. (Placebos, oder Wunder, etc. - es gibt Menschen, die mit Hilfe dieser Anwendungsbereiche geheilt wurden.)
Bevor die Tabelle vorgestellt wird, können wir aber auch noch kurz einige „Richtlinien“ anschauen, wonach sich Nahrungsmittel klassifizieren lassen. Dabei geht es jedoch nicht darum, in „gute“ oder „schlechte“ Nahrungsmittel zu unterscheiden, sondern die Eigenschaften und möglichen Wirkungen von Nahrungsmitteln zu verstehen.
Dogmen und Verbote gibt es bei der Makrobitiok nicht - also zum Beispiel auch nicht das „Verbot“ Fleisch zu essen – die Idee ist, es zu wissen, was man isst und was passiert, wenn man etwas Bestimmtes isst. Und wo in der Welt und in welchen Klima man sich gerade befindet, um sich dort dem lokalen seit jahrtausenden gewachsenen Nahrungspool anzupassen. Das wiederspricht natürlich den Supermärkten und Nahrungsmittelindustrien der sogenannten zivilisierten und modernen Welt. Wir essen gemeinhin global und nicht lokal. Für Deutschland muss eine andere Yin-Yang-Tabelle herangezogen werden als für China, Amerika oder Grönland.Eine Ananas hat, egal wo sie gegessen wird, überall auf der Welt eine yin-betonte Qualität. Aber die Wirkung auf den Menschen ist, wenn sie im Herkunftsland gegessen wird, völlig verschieden vom Genuss in Deutschland.
Wir können hier jetzt nicht alle Nahrungsmittel in ihrer lokalen Herkunft durchgehen, aber als Beispiel: Die meisten Gemüse (Wurzeln, Rüben, Kohl, Lauch) sind fester und trockener, also stärker yang als das weiche, wässrige Obst, das zudem süß schmeckt. Beim Gemüse beispielsweise ist die Möhre fest, und haltbar und wächst nach unten, alles yang-Qualitäten, während der Kopfsalat lockere Blätter hat, wässrig ist und nach oben wäcsht.
Die leichteren Nahrungsmittel mit dem ausgeprägtesten yinbetonten oder ausdehnenden Potential sind beispielsweise Zucker, tropische Früchte und Gewürze, Alkohol, Kaffee aber auch Medikamente und Drogen. Darum vermitteln sie ein Gefühl des "Aus-der-eigenen-Mitte-gerückt-Seins“. Die schwereren Nahrungsmittel - wie Hartkäse, Fleisch, Eier - sind dagegen die jenigen, die zu übermäßiger Anspannung in Form von Steifheit, Verspanntheit oder Beklemmungen führen.
Der mittlere Bereich wird von der Pflanzenwelt eingenommen, innerhalb derer wiederum das Getreide - Reis, Mais, Weizen - der Mitte und Ausgeglichenheit am nächsten steht.
Durch bestimmte Zubereitung der Speisen läßt sich die Yin- oder Yang-Energie in den Nahrungsmitteln verändern. Zu stark yinnige Nahrungsmittel können bespielsweise durch anbraten yangisiert werden.
Nach Ansicht der Makrobioten gilt es, bei der Ernährung wie im übrigen Leben Extreme zu vermeiden. Ein Gleichgewicht kann aufrechterhalten werden, wenn man überwiegend Lebensmittel zu sich nimmt, die entweder mäßig yin- und yang-geprägt sind oder in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.
Für eine ausgewogene Ernährung ist darauf zu achten, dass das Verhältnis von Yin zu Yang eins zu fünf beträgt (sagt Ohsawa). Laut Ohsawa erfüllt Vollkorngetreide diese Bedingung in idealer Weise. Deswegen ist auch die ausschließliche Ernährung mit Vollkorngetreide, speziell mit Vollkornreis, die höchste seiner "10 Stufen der Ernährung". das ist die berühmte Diät Nr. 7 von Osawa, dh, Reis und nur Reis.... noch was dazu?
Nach der von Ohsawa aufgestellten Tabelle, die 10 Wege für die richtige Ernährung aufzeigt, werden auf der ersten Stufe
- 10% der Gesamtnahrung als Getreide empfohlen
- 30% in Form von erhitztem Gemüse
- 10% als Suppe
- 30% tierische Produkte
- 15% Salate/Früchte, 5% Nachspeise.
Die letzte Stufe sieht 100% Getreide vor. Dazwischen liegen verschiedene Abstufungen. Ohsawa hat das eingesetzt als Arzt, der bei verschiedenen Krankheiten jeweils spezielle Diäten bzw. Nahrungsmittel eingesetzt hat.
Gekochtes Getreide (als ganzes Korn genossen) ist tägliches Grundnahrungsmittel - östlichen Gepflogenheiten entsprechend als Reis. 50 - 60% der täglichen Nahrung sollten daraus zubereitet werden.
Die Makrobiotik legt den Schwerpunkt auf pflanzliche Nahrungsmittel. Naturbelassenheit ist oberstes Gebot, das nicht nur die Nahrungsmittel betrifft, sondern auch Töpfe und Kochmethoden mit einbezieht.
Gut die Hälfte der makrobiotischen Kost sollte aus Naturreis und anderem Vollgetreide bestehen. Gemüse ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Mahlzeiten. Rohkost gehört durchaus zur makrobiotischen Küche, die meisten Speisen werden jedoch erhitzt, wobei schonende Garmethoden bevorzugt werden.
Auf Milchprodukte wird weitgehend verzichtet. Fermentierte Sojaprodukte und Seitan (Weizenfleisch) sind die wichtigsten Eiweißquellen. Hier verweise ich aber gerne auf das Buch "Der Soja-Wahn". Möglichst wenig Soja verwenden, und NIEMALS unfermentiert! Algen runden die makrobiotischen Mahlzeiten ab.
Beim Thema "Trinken" vertritt die ursprüngliche Makrobiotik eine von den gängigen Ernährungslehren abweichende Position: Nach Ohsawa soll nur getrunken werden, wenn man Durst verspürt.
Obwohl die Makrobiotik ohne Verbote auskommt, also etwa keinen generellen Vegetarismus predigt, rät sie zu Vorsicht und Zurückhaltung bei den tierischen Produkten (Fleisch, Käse, Eier), weil diese extrem yang-betont sind. Das gilt auch für Salz und auf der anderen Seite für extrem yin-betonte Nahrungsmittel wie z.B. Zucker, Honig, schwarzer Tee, Alkohol, tropische Früchte, Kuhmilch und scharfe Gewürze. Der regelmäßige Verzehr von solchen extremen Nahrungsmitteln verhindert eine Ausgeglichenheit bzw. macht es sehr schwer, eine Ausgeglichenheit zu erreichen.
Die Auswahl von Nahrungsmitteln aus der Klimazone, in der wir leben, und der augenblicklichen Jahreszeit ist eines der Grundprinzipien der makrobiotischen Ernährung.

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